Ehemalige Redakteure zu 30 Jahren TOTAL!

Zu unserem grossen Special zum 30. Geburtstag der TOTAL! haben wir auch verschiedene ehemalige Redakteure kontaktiert und angefragt, ob sie Lust hätten, ein paar Zeilen zum Jubiläum und einigen Anekdoten zu erfassen. Umso mehr freut es uns, dass wir auch einige Rückmeldungen dazu erhalten haben. Die gesammelten Werke möchten wir euch natürlich nicht vorenthalten. Vielen Dank an dieser Stelle nochmals an alle, die sich beteiligt haben.


Screenshots machen Mitte der 90er

Als ich im Sommer ’94 zur TOTAL!-Redaktion stieß, war der „Super Game Boy“ DIE große Technik-Revolution im Verlag. Endlich war es über diesen Adapter möglich, Game-Boy-Spiele auf der Super-Nintendo-Konsole abzuspielen und von dort aus das Video-Signal abzugreifen. Die interne Fachbezeichnung dafür lautete im besten Hamburg-Slang „grabben“ (gesprochen „gräbben“, was sich vom Englischen „to grap“ ableitete.)

Es gab zwei „Grabber“ im heiligen Testraum des MVL-Verlags – das waren für damalige Verhältnisse extrem leistungsstarke Macintosh-Rechner mit spezieller DIY-Hardware und jeder Menge Kabeln und Konsolen daran, die nur fürs Graben vorgesehen waren. Denn komfortable Videokarten, wie sie Ende der 90er für PCs und MACs aufkamen, gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Und wie Mitte der 1990er üblich, lief nicht immer alles stabil, so dass etwa alle 20-30 Screenshots der jeweilige Macintosh-Rechner abstürzte und ein minutenlanger Neustart nötig war (damals dauerte alles halt einfach länger). Doppelt ärgerlich war dann auch, dass der letzte Screenshot stets futsch war und man die gewünschte Szene ggf. erneut erspielen musste.

Aber immerhin war es dank des „Super Game Boy“ nicht mehr nötig, den Bildschirm eines Game Boy per Spiegelreflex-Kamera abzufotografieren, den Film als Dias entwickeln zu lassen, um den oder die Screenshots dann einzuscannen. (Das ging im Verlag übrigens eh nicht, das musste mangels eines hochwertigen Scanners in der Druckerei geschehen).

Ein Screenshot eines Game-Boy-Spiels war bis dato also ein Heidenaufwand gewesen, was Ihr in den ersten TOTAL!-Ausgaben von 1993 und Anfang 1994 noch bei Tests zu Game-Boy-Spielen nachschauen könnt.

Michael Martin
(damals Michael Koczy, von 1994 bis 1996 Mitglied der TOTAL!-Redaktion)


Moin, salve, grüezi & hallo … oder vielleicht sollte ich dem Anlass entsprechend lieber sagen: Holerö.

30 Jahre, wow, wie doch die Zeit vergeht. Natürlich wäre es schöner, wenn wir das 30jährige Bestehen der TOTAL! feiern könnten, aber ich meine, in England feiern sie derzeit auch gerade 40 Jahre WHAM! (mit Netflix-Doku und einem Vinyl-Singles-Box-Set für 200 Pfund), und die «Band» von George Michael gab nur 5 Jahre, während es die TOTAL! immerhin auf über 7,5 Jahre gebracht hat, da sind wir doch in guter Gesellschaft. Zumal sich beide Namen korrekt in Großbuchstaben und mit «!» schreiben, was sicherlich etwas zu bedeuten hat, wenn ich auch nicht die geringste Ahnung habe, was. 🙂

Jedenfalls finde ich es großartig, dass sich außer mir noch der eine oder die andere positiv an unser kleines Magazin erinnern. Für mich war (neben der Möglichkeit, auf Nintendo-Messen nach Japan zu fliegen, Miyamoto zu begegnen und alle Spiele spielen zu können!) das Besondere an der TOTAL! sowieso immer die enorme Beteiligung der Leserinnen und Lesern bei Charts, Tip(p)s & Tricks, Wettbewerben und vor allem der Leserpost mit Lob & Fragen, Kommentaren & Kritik, Lob, Anregungen & Meinungen, Lob & (viel positivem) Feedback, Fotos und den unzähligen grandiosen Bildern, Zeichnungen & Kunstwerken. Das war wahrlich total genial.

Apropos – heutzutage ist der MVP ohnehin Seppatoni, der seine Web- bzw. Facebook-Seite über die TOTAL! schon (viel) länger betreibt, als es die TOTAL! überhaupt gegeben hat. Und damit hat er es sich (mehr als) verdient, dass er sich ein TOTAL!-genial-Gütesiegel an einen Ort seiner Wahl tätowieren darf. Fotos des Ergebnisses veröffentlichen wir dann zum 40jährigen im limitierten Leserpost-Jubiläums-Boxset. In diesem Sinne: Vielen Dank für diesen trip down memory lane. Das war schon eine tolle Zeit – sowohl in der gängigen als auch in der ursprünglichen Bedeutung von «toll» 🙂

Also dann, tschüs, servus & adieu und maat et joot,

KDH


Moin, liebe Leserschaft und lieber Macher der grandiosen TOTAL!-Gedächtnis-Seite.

30 Jahre TOTAL! Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Und danke, dass das Heft durch Euch alle auch noch heute lebt.

Für mich ist die Zeit bei der TOTAL! unvergessen. Sie war nicht nur mein Einstieg in die Videospielbranche und den Beruf des Redakteurs, sondern auch sehr lehrreich, arbeitsintensiv und dabei dennoch von enorm viel Spaß erfüllt und unglaublich zufriedenstellend. Das lag natürlich zum Einen an der Thematik, dem Kontakt zu Herstellern, Entwicklern und Kollegen, die alle die Liebe zum Videospiel teilten – insbesondere den Kunstwerken von Nintendo. Es lag natürlich auch daran, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte, Spiele deutlich vor Erscheinen spielen oder sogar deren Entwicklung mitverfolgen konnte. Und an der wunderbaren Leserschaft, die einfach mal so zu Besuch in der Redaktion vorbei kam, um “Hallo” zu sagen und dabei auch noch Kuchen mitbrachte. Aber ich will weder schleimen, noch Euch langweilen. Musste nur einfach mal gesagt werden, weil es 100% stimmt und mir ein Bedürfnis war.

Themenwechsel: Ich wurde um ein paar Anekdoten gebeten. Alles klar, los geht’s.

– Wir haben fast nie vor 11 oder 12 Uhr angefangen. Das hatte den unangenehmen Nebeneffekt, dass wir im Grunde nie vor 19 oder 20 Uhr Feierabend hatten. Zum Redaktionsschluss waren sogar drei, vier Tage Sonderschicht bis 2 Uhr Nachts üblich, die wir dann mit einem freien Tag zum Start einer neuen Produktion ausgeglichen haben.

– Wenn es spät wurde hat Tobi in der Redaktion übernachtet. Er wohnte im Hamburger Umland und sein letzter Zug nach Hause war dann schon lange weg.

– Es liegt eigentlich auf der Hand, ich erwähne es dennoch. Als ich 1996 anfing, war das Internet noch etwas Besonderes (und langsam). Wir hatten zu Beginn nur einen einzigen Rechner mit Internetanschluss, an dem wir uns für die Recherche und Email-Korrespondenz abwechseln mussten. Unsere Redakteurs-Rechner hatten keinen Internetanschluss.

– Zu der Zeit konnten wir am Rechner keine Filme von Spielszenen aufnehmen und daraus bequem Fotos fürs Heft rausziehen. Wir hatten nur das für damalige Verhältnisse extrem gute Programm “Theatrics” auf einem Apple-Rechner im Spielzimmer. Auch den mussten sich alle teilen und entsprechend anmelden, wann sie ihn brauchten, um Bilder zu machen. Das ging dann nur, indem an der gewünschten Stelle eine bestimmte Taste auf der Rechnertastatur gedrückt wurde. Bei ruhigen Spielen wie RPGs waren gute Bild kein Problem. Bei Action- oder auch Sportspielen jedoch eine enorme Herausforderung. Es gehörte viel Erfahrung dazu, im richtigen Moment zu drücken, um mit einer kurzen Verzögerung das perfekte Bild zu schießen und dann händisch abzuspeichern. Zudem stürzte das Programm alle paar Bilder ab.

– Meine persönlichen Highlights waren 1997 der Besuch der Nintendo Hausmesse “Space World” in Tokio und meine erste E3 im Jahre 1999 in L.A. Beide Male (und später noch häufiger) traf ich Shigeru Miyamoto, was ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Er gab mir seine Visitenkarte – da standen aber nur sein Name und sein Titel sowie Nintendo drauf. Auf der Vorderseite auf Japanisch und auf der Rückseite auf Englisch. Aber keine Telefonnummer oder Email-Adresse.

– Unser Test von GoldenEye 007 war nur möglich, weil die europäische Version später als die US-Fassung erschien und das Timing für unsere Import perfekt war. Meine damalige Schwägerin (Danke nochmal, Sabine) kaufte das Spiel für mich am Erscheinungstag im Toys’R’Us in New York und stieg noch am selben Tag ins Flugzeug nach Hause. So hielt ich das Spiel nur einen Tag später in Hamburg in den Händen und begann einen mehrtägigen Dauertest. Der Import-Test schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Heft und die Laufzeit des Heftes war beendet, bevor die EU-Version erschien und indiziert wurde.

– Reza und ich waren auf derselben Schule in Hamburg. KDH und Julian kommen aus Niedersachsen und waren ebenfalls gemeinsam auf ein und derselben Schule.

Soweit von mir. Vielen Dank für alles. Bleibt tapfer und genießt jedes Pixel Eurer liebsten Videospiele.

Das Fred


Tobi ließ sich nicht lumpen und erfasste zum Jubiläum ein neues Erwin-Gedicht, das auf seiner eigenen Geschichte beruht, wie er dank eines TOTAL! Previews auf WWF Royal Rumble (SNES) aufmerksam wurde. 

Happybirthdayinmemoriam

Es war einmal vor 30 Jahren
ein Spiel mit WWF-Barbaren.
Da fing der Erwin an zu sparen,
weil’s damals seine Helden waren.

Drum hat er Zeitung ausgefahren,
um den Verdienst aufzubewahren
und schließlich mit dem ganzen Baren
entgegen Mutters Drohgebaren
zu kaufen die ersehnten Waren.

Wie hat er diesen sonderbaren
Enthusiasmus aufgefahren?
Heut› steht in seinen Memoiren:
er hat’s aus der TOTAL! erfahren.

© Der Tobi™